20 Jahre Dora in Wien – wie der „Pumuckl“ sie nach Österreich brachte

Firmengründerin und Geschäftsführerin von Cruz Communications, Dora Saenger da Cruz, feiert heuer ihr 20-jähriges Jubiläum in Österreich. Was genau der Pumuckl damit zu tun hatte und wie sie daneben Gerichtsdolmetscherin wurde, ein Doktoratsstudium absolvierte und eine Firma am Laufen hält, erklärt sie uns im folgenden Interview. 

Liebe Dora, du feierst heuer ja dein 20-jähriges Jubiläum in Österreich bzw. Wien! Wann hattest du dein Jubiläum genau?
Das Jubiläum war heuer im Mai, am 28. Mai, um genau zu sein. Da bin ich nach Österreich gekommen und habe am 1. Juni bei der Botschaft der Portugiesischen Republik in Wien angefangen zu arbeiten.

Woher aus Portugal kommst du eigentlich genau?
Ursprünglich komme ich aus der Universitätsstadt Coimbra, einer Stadt im Zentrum Portugals, zwischen Lissabon und Porto, ca. 30 Kilometer vom Strand entfernt.

Was hat dich schlussendlich dazu bewogen, von dort wegzugehen und nach Österreich zu kommen?
Ich habe im Süden Portugals gelebt und in Lissabon Übersetzen studiert. In diesem Zuge habe ich dann im Jahre 1996 in Graz ein Erasmus-Stipendium erhalten und da habe ich mich in Österreich verliebt! Als ich nämlich nach dem Erasmussemester wieder nach Portugal zurückkehrte, hatte ich immer das Gefühl, ich müsste wieder nach Österreich zurück. Ich arbeitete dann an der Algarve und habe mich wieder für ein Stipendium des OeAD (österreichischer Austauschdienst) beworben. Das Stipendium war für eine Post-Degree-Stelle in Wien. Ich habe das Stipendium schließlich bekommen und bin folglich nach Wien gegangen, wo ich im Studienjahr 1999/2000 am damaligen Institut für Übersetzen und Dolmetschen (heute Zentrum für Translationswissenschaften) studiert habe. Ursprünglich wollte ich nur ein Jahr bleiben, eben für dieses Post-Degree-Programm. Ich bin dann nach diesem Jahr auch wirklich nach Portugal zurückgekehrt, aber nur für 6 Monate. Dann hatte Wien mich wieder!

Ich wollte aber unbedingt eine andere Sprache lernen, weil ich Kulturen, Sprachen und fremde Länder liebe. Und dann hörte ich bei Pumuckl zum ersten Mal die deutsche Sprache, die ich auf Anhieb sehr lustig und zugleich schön fand! Und ich dachte: Diese Sprache muss ich lernen!

Das war ja ein ganz schönes Hin- und Her damals!
Ja genau, vor allem in dem Jahr, als ich hier an der Uni war. Denn zu dieser Zeit habe ich erfahren, dass die Ständige Vertretung Portugals bei der OSZE in Wien Leute für das Jahr 2002 gesucht hat, weil Portugal in diesem Jahr die Präsidentschaft der OSZE innehaben sollte. Und da sie mich nicht sofort gebraucht haben, bin ich noch für 6 Monate zurückgegangen nach Portugal. Danach war ich aber wieder in Wien, und bin diesmal gekommen, um zu bleiben!

Schön, also dauerhaft!
Ja genau. Und das hat sich gut ergeben, denn im selben Zeitraum wurde ich eingeladen, an der Uni, also am Zentrum für Translationswissenschaften, zu unterrichten. Und da habe ich gedacht, „Okay, dann kann ich beides machen – die Uni und die OSZE.“ Und das hat gut funktioniert. Es war zwar anstrengend, aber es hat funktioniert.

Und in Portugal hast du Deutsch studiert, richtig?
Genau, ja.

Warum hast du überhaupt Deutsch ausgewählt?
Das ist eine lustige Geschichte. Bei uns in den 80er Jahren lief „Pumuckl“ im Fernsehen, in der originalen Fassung, aber mit Untertiteln. Und in der Schule hatte ich Englisch und Französisch, Französisch hat mir aber nie gefallen. Ich wollte aber unbedingt eine andere Sprache lernen, weil ich Kulturen, Sprachen und fremde Länder liebe. Und dann hörte ich bei Pumuckl zum ersten Mal die deutsche Sprache, die ich auf Anhieb sehr lustig und zugleich schön fand! Und ich dachte: „Diese Sprache muss ich lernen!“ So bin ich zur deutschen Sprache gekommen!

Das heißt, eigentlich bist du durch den Pumuckl jetzt da!
Ja genau, sozusagen.

Wie schwer ist dir eigentlich der Weggang aus deiner portugiesischen Heimat gefallen?
Es war für mich nie wirklich endgültig, vor allem nicht am Anfang. Denn wie ich bereits erwähnt habe, wollte ich anfänglich ja nur für 1-2 Jahre nach Österreich gehen, ein paar Erfahrungen sammeln und dann wieder zurück nach Portugal. Aber es hat sich ergeben, dass ich hier geblieben bin, und dadurch, dass ich ein sehr familiengebundener Mensch bin, war es sehr schwer, meine Familie dort zu lassen, alleine hierherzukommen und niemanden zu kennen. Was mir heute, abgesehen von meiner Familie und meinen Freunden natürlich, fehlt, ist das Meer, das schöne Wetter und frischer Fisch.

Wie ging es dir in deiner ersten Zeit in Österreich? Gab es auch Hürden, die du anfangs meistern musstest?
Dadurch, dass ich durch meine Tätigkeit bei der Ständigen Vertretung Portugals bei der OSZE eine Freundin kennengelernt habe, die mit einem Österreicher zusammen war, waren seine Freunde auch meine Freunde, ich wurde also ziemlich schnell gut aufgenommen. Hürden gab es eigentlich kaum für mich!

Wie ging es in Österreich für dich bildungs- und berufsmäßig weiter? Du hattest ja anfangs ein Post-Degree-Studium gemacht, worin genau?
Also das Post-Degree-Studium war im Bereich Dolmetschen angesiedelt, das fand ich sehr spannend, da ich in Portugal bislang „nur“ Übersetzen studiert hatte und eigentlich auch immer dolmetschen wollte. Nach diesem einjährigen Post-Degree-Lehrgang habe ich auch noch ein Doktoratsstudium und vor drei Jahren die Prüfung als Gerichtsdolmetscherin absolviert. Der Grund für das Doktoraktstudium war unter anderem auch, weil ich an der Uni bleiben wollte, um dort zu unterrichten. Aber da ich 2005 Cruz Communications gegründet habe, musste ich einen Bereich zurücklassen, und da mir die Firma mittlerweile mehr Spaß gemacht hat, habe ich die Arbeit auf der Uni im Jahre 2013 aufgegeben.

Und was hat dich dazu bewogen, die Gerichtsdolmetscherprüfung zu machen? War die Prüfung schwierig?
Also, der Bereich Recht hat mich immer fasziniert. Und als Gerichtsdolmetscherin kann ich ihn mit meinen Hauptarbeitssprachen, Deutsch und Portugiesisch, verbinden. Die Prüfung ist extrem schwierig, denn abgesehen von einwandfreien Sprach- und Fachkenntnissen musst du auch bestimmte Aspekte des Rechtssystems und die vom Gesetzgeber definierten Voraussetzungen erfüllen. Bei dieser Tätigkeit stehst du insbesondere für Gerichte und Behörden (Polizei, Standesämter, Asylbehörden, etc.) zur Verfügung. Auch für Privatpersonen kommen wir zum Einsatz, z.B. bei der Errichtung von Notariatsakten, bei Eheschließungen und fertigen beglaubigten Übersetzungen von amtlichen Dokumenten wie Urkunden, Verträgen, Zeugnissen etc. an. Es macht aber Spaß.

Im Gegensatz zum Angestelltenverhältnis ist das Firmenleben natürlich ein täglicher Kampf. Du bist sozusagen „selbst und ständig“!

Sehr schön. Als du 2005 schließlich Cruz Communications gegründet hast, hast du die Firma ja anfangs alleine geführt, richtig?
Ja genau, von 2005 bis 2011 war ich alleine, ein EPU. Ich habe langsam angefangen, mir ein Netzwerk an Übersetzern aufzubauen, dann kamen immer mehr Kunden auf mich zu, und 2009 habe ich meine erste Mitarbeiterin auf Teilzeitbasis gehabt. 2011 habe ich Cruz Communications in eine GmbH „umgewidmet“ und 2012 kam dann mein Ehemann Ingo zur Firma hinzu. Wir haben angefangen, zusammenzuarbeiten, damals noch in einem 10-Quadratmeter-Büro am Rilkeplatz. 2013 haben wir dann die erste Vollzeitmitarbeiterin eingestellt. Die Auftragslage war damals auch so gut, dass wir unbedingt Verstärkung brauchten. Da sich Ingo auch so gut mit kaufmännischen Aspekten auskennt, ergänzen wir uns ganz gut. Die zweite Vollzeitkraft ließ dann auch nicht mehr lange auf sich warten, und bis heute hat sich da ein sehr gutes mehrköpfiges Team herauskristallisiert.

Warum hast du eigentlich Cruz Communications gegründet?
Das ist keine so leichte Frage, es hat mit einem heutigen Kunden zu tun, für den ich früher einmal gearbeitet habe, als freie Dienstnehmerin im Bereich Übersetzungen für Portugiesisch. Ich wurde dann gefragt, ob ich auch KollegInnen für andere benötigte Sprachkombinationen kenne. Und da dachte ich mir, ich könnte durch mein Netzwerk auch andere Sprachen anbieten, und zwar auf beruflicher Basis! Und so hat sich dann die Idee zur Gründung eines Übersetzungsbüros entwickelt.

Einem großen Mercedes wird vielleicht ein Fehler schnell verziehen, bei einer kleinen Automarke ist das anders – du kaufst sie nie wieder. Hier sollte wirklich immer alles stimmen. Deshalb ist Qualität unser absolut oberstes Gebot.

Hat dich das Firmenleben auch vor Herausforderungen gestellt? Wenn ja, an welche Hürden kannst du dich erinnern?
Im Gegensatz zum Angestelltenverhältnis ist das Firmenleben natürlich ein täglicher Kampf. Du bist sozusagen „selbst und ständig“! Während du bei einem angestellten Verhältnis – wenn du deine Arbeit gut machst und die Firma fair ist – dein fixes Gehalt am Ende des Monats, 25 Urlaubstage im Jahr und Recht auf Arbeitslosengeld hast, musst du beim selbstständigen Verhältnis, also in meinem Fall bei meiner Firma, ständig schauen, dass sich die Kunden an dich erinnern, dass du Folgeaufträge bekommst, dass sich die Firma weiterentwickelt und es ihr gut geht. Du bist sozusagen „selbst und ständig“! Aber der Kontakt zu den Kunden macht mir sehr viel Spaß, muss ich sagen. Man braucht auf jeden Fall Durchsetzungsvermögen, wenn man ein Unternehmen gründet, das ist ganz klar. Trotz aller Hürden sieht man aber auch tagtäglich die Früchte der eigenen Arbeit. Und du erkennst, je mehr du kämpfst, desto erfolgreicher kannst du auch werden. Du hast das Ruder selbst in der Hand. Was für uns als kleine Agentur auch wichtig ist, ist Qualität zu liefern. Wir können es uns nicht erlauben, Fehler zu machen – wir müssen qualitativ auf dem höchsten Niveau bleiben, um zu überleben. Ich vergleiche das gerne mit einem Auto: Einem großen Mercedes wird vielleicht ein Fehler schnell verziehen, bei einer kleinen Automarke ist das anders – du kaufst sie nie wieder. Hier sollte wirklich immer alles stimmen. Deshalb ist Qualität unser absolut oberstes Gebot.

Was ist dir neben der Qualität bei Cruz Communications noch am wichtigsten?
Das ist ganz klar der persönliche Kundenkontakt. Mir ist es wichtig, dass unsere Kunden immer einen persönlichen Ansprechpartner haben. Das macht uns auch als kleine Agentur aus, und das fehlt oft bei größeren Unternehmen mit über hundert Projektmanagern. Diese persönliche Komponente ist mir auch deshalb wichtig, weil sie Vertrauen für die Kunden schafft. Wir erhalten oft sehr vertrauliche Dokumente, und ich möchte den Kunden das Gefühl geben, dass sie bei uns in guten Händen sind und top übersetzt werden.

Was glaubst du, was dich in den nächsten Jahren in der Übersetzungsbranche erwartet?
Ich glaube, dass sich die Branche definitiv stark verändern wird, ganz sicher in Richtung maschineller Übersetzung & Post-Editing. Wann und wie das genau passieren wird, ist aber schwer abzusehen. Künstliche Intelligenz wird generell viel in den nächsten Jahren ändern. Dennoch bin ich der Meinung, dass die menschliche Komponente bei Übersetzungen immer unabdingbar bleiben wird. Bei technischen Übersetzungen mag maschinelle Übersetzung auch schon tolle Resultate bringen, vor allem was Rohversionen betrifft. Dennoch fehlt hier noch ein Check durch einen Menschen, und bei Textsorten wie Marketing braucht man über maschinelle Übersetzung gar nicht wirklich nachzudenken. Es ist auch eine Frage der Verantwortung: Wenn ich eine maschinelle Übersetzung verwende, vielleicht sogar ganz ohne finalen Check, wer übernimmt die Verantwortung für Übersetzungsfehler? Das ist dasselbe wie mit selbstfahrenden Autos. Warum gibt es diese noch nicht auf den Straßen und wird es vielleicht auch nie wirklich geben? Genau – weil auch hier die Frage der Verantwortung bei Unfällen oder anderen Problemen im Raum steht.

Wenn ich eine maschinelle Übersetzung verwende, vielleicht sogar ganz ohne finalen Check, wer übernimmt die Verantwortung für Übersetzungsfehler? Das ist dasselbe wie mit selbstfahrenden Autos. Warum gibt es diese noch nicht auf den Straßen und wird es vielleicht auch nie wirklich geben? Genau – weil auch hier die Frage der Verantwortung bei Unfällen oder anderen Problemen im Raum steht.

Wo siehst du Cruz Communications in den nächsten 10 Jahren?
Ich sehe die Firma nach wie vor in Wien, mit unseren Stammkunden und natürlich mit mehr neuen Kunden, vielleicht auch mit größeren Kunden. Ich glaube, dass wir in den letzten 16 Jahren gezeigt haben, was wir können, und dass die Kunden uns als Übersetzungsbüro vertrauen können. Sie wissen, dass wir zuverlässig sind, dass wir qualitativ hochwertige Arbeit leisten. Aber ich strebe nicht wirklich danach, 10 Leute einzustellen. Mein Motto ist eher „klein, aber fein“, und auch innerhalb eines kleinen Teams kann man sehr viel lernen. Die persönliche Komponente geht zudem nicht verloren.

Zum Schluss noch ein paar persönliche Fragen: Was magst du denn an Wien besonders gerne? Oder an Österreich allgemein?
Also Wien ist wirklich eine wunderschöne Stadt. Ich habe zu meinen Freunden immer wieder gesagt: Wenn ihr reisen wollt, lasst bitte Wien als letzte Station, denn danach gefällt euch keine Stadt mehr. Es ist eine sehr organisierte Stadt, es funktioniert alles. Mittlerweile habe ich mich schon daran gewöhnt, aber vor allem am Anfang war das immer wieder erstaunlich für mich. Wenn man Lissabon gewohnt ist, wo jeder Bus zu spät kommt, ist es anfangs ein Wahnsinn, wenn angekündigt wird, dass der Bus in zwei Minuten kommt und er kommt tatsächlich in dieser Zeit. Es gibt viele kulturelle Möglichkeiten, und man kann in Wien zu jeder Uhrzeit etwas Tolles unternehmen. Ich muss auch sagen, ich glaube, ich könnte nicht mehr für immer nach Portugal zurückkehren. Alleine die Arbeitsweise, ich habe mich da total an Österreich gewöhnt.

Und wie lebst du heute in Wien?
Ich lebe mit meinem Mann zusammen und mit meinem „vierbeinigen Sohn“ – meinem Hund Ruby. Wir pflegen ein sehr nettes Nachbarschaftsverhältnis und verbringen gerne viel Zeit mit all unseren Freunden. In meiner Freizeit gehe ich sehr gerne wandern, Fahrradfahren und golfen. Besonders das Golfen gefällt mir momentan sehr gut, auch wenn mir manchmal leider die Zeit fehlt. Ich lese auch gerne und unternehme regelmäßig etwas mit meinen Freunden.

Worauf bist du besonders stolz, wenn du an die letzten 20 Jahre denkst?
Auf Cruz Communications. Ich hätte nie gedacht, dass ich als Person aus einem fremden Land in Österreich so erfolgreich ein Unternehmen führen könnte. Ich muss aber gestehen, dass das nicht ohne die tatkräftige Unterstützung und das Know-how meines Mannes und des gesamten Cruz-Communications-Teams möglich gewesen wäre.

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